Der Demokratiemonitor zeichnet ein differenziertes Bild.
Wunsch nach „starken Führer“ hat zugenommen
Die klassische Frage nach dem „starken Führer“ wird erstmals seit Erhebungsbeginn 2018 nicht mehr mehrheitlich abgelehnt – derzeit stimmen 46% gar nicht zu, vor einem Jahr waren es noch 56%. Gleichzeitig hat jedoch die Demokratie nicht an Zustimmung verloren: Über die fünf Erhebungsjahre hinweg denken jeweils knapp neun von zehn Menschen, dass sie – trotz mancher Probleme – die beste Staatsform ist.
Autoritäre Demokratievorstellungen am Vormarsch?
Nach wie vor konstant bleibt mit rund 5% auch der Anteil jener, die sich eindeutig für eine Diktatur aussprechen und die Demokratie zur Gänze ablehnen (Autokrat:innen). Am anderen Ende des Spektrums stellen die Demokrat:innen mit 57% nach wie vor die Mehrheit, ihr Anteil ist in den vergangenen zwei Jahren jedoch rückläufig (minus sechs Prozentpunkte im Vergleich zu 2020).
Zwischen den beiden Polen der Autokrat:innen und Demokrat:innen ist in den vergangenen zwei Jahren der Anteil mit autoritären Demokratievorstellungen angestiegen (auf 37%, plus fünf Prozentpunkte im Vergleich zu 2020). Auch hier sind zwei Gruppen zu unterscheiden:
- Der größere Teil (22% der Bevölkerung) vertritt klassisch autoritäre Haltungen wie die Hinwendung zu einer Führerfigur oder Law & Order, ohne jedoch die Demokratie abzulehnen.
- Der kleinere Teil (15% Bevölkerung) kommt aus einer gänzlich anderen Richtung und kann am ehesten mit dem von Oliver Nachtwey und Carolin Amlinger geprägten Begriff des libertären Autoritarismus beschrieben werden: Hier steht Freiheit im Sinne der eigenen Autonomie im Vordergrund. Ein politisches Verständnis von Freiheit – das individuelle Recht eingebettet in die Gesellschaft und ihre Institutionen – fehlt. Diese Gruppe lehnt staatliche Eingriffe in ihre individuellen Handlungsspielräume ab und spricht sich u.a. auch geschlossen für einen Abbau des Sozialstaates aus.